Das Ensemble Gli
Affetti verknüpft in seinem Programm zwei zeitlich und
stilistisch weit auseinander liegende Epochen. Während in der
Renaissance Wohlklang, Klangefühl und Befriedigung des Gehörs oberstes
Gebot waren, sind in der neuen Musik ungewohnte Klänge und
experimentelle Spieltechniken gefragt.
Die Kompositionen der
Renaissancewerke stammen allesamt aus dem romanischen Kulturraum. Der
Aufführungspraxis der Zeit Rechnung tragend, kommt in diesem
Programmteil die Vielfalt und Flexibilität der Besetzungsmöglichkeiten
zur Geltung.
Im symmetrisch
aufgebauten Programm bilden zwei Werke von Tarquinio Merula (um
1590-1665) den Rahmen. Weiter nach innen folgen zwei Hoheliedvertonungen
von
Alessandro Grandi (um 1575-1630) und Claudio Monteverdi (1567-1643).
Besonders in Giovanni
B. Fontanas (gest. 1630) Sonate zeigt die Blockflöte ihre ganze
Virtuosität. Interessant sind die Bearbeitungen eines französischen
Liedes von Clemens non Papa (c.1515-1555) und Govanni Bassano
(1558-1617): Diminutionen werden die in der Renaissancezeit üblichen
Verzierungen vorhandener, teilweise allgemein bekannter Melodien und
Werke genannt. Diese schaffen auf Grundlage des Originals ein Werk in
stark verändertem Duktus. Flöte und Stimme verweben sich zu einem neuen
Ganzen.
„Hör es klagt die
Flöte wieder und die kühlen Brunnen rauschen, golden wehen die Töne
nieder, stille ,stille, lasst uns lauschen“ (aus C. Brentano
„Abendständchen“)
In der Komposition des
romantisch ausschwindenden „Abendständchen“ auf einen Text von
Brentano von Hans-Martin Linde (*1930) - bekannter Flötist, Dirigent,
Komponist, Maler und Lehrer - klingt die Idee eines Zwiegesanges von
Singstimme und Flöteninstrument an.
Im rätselhaften
„Eingang“ und dem geradezu experimentellen „Lahmen Weber“ liegt der Reiz
darin, mit zwei Stimmen die unwirkliche Stimmung der Texte
einzufangen.Stimme und Blockflöte – beide vom Atem getragen – versuchen
hier, den „verborgenen Zusammenhang des Entlegensten“ (Eichendorff über
Brentano) aufzudecken.
„Nachtzang“
von Karel van Steenhoven (*1958) entstand 1983 und wurde durch ein
Gedicht A. Roland Holsts inspiriert, in dem ein ritueller Gesang
beschrieben wird, der Menschen in eine andere Realität entführt.
Steenhoven, seit 1995 Professor für Blockflöte an der Staatlichen
Musikhochschule Karlsruhe, studierte nach seinem Solistenexamen
Komposition bei Robert Heppener und Tristan Keuris. Er ist
Gründungsmitglied des "Amsterdam Koeki Stardust Quartet“.
Eine modale achttönige
Melodie, welche immer wieder anders bearbeitet wird, bildet die Basis
für die 3 Teile von „Nachtzang“, die ineinander übergehen. Im 1.Teil
bildet die Stimme quasi einen Cantus firmus, über dem die Flöte ein
„freitonales“ Perpetuum spielt, welches langsam melodisch beeinflusst
wird. Im 2.Teil sind Flöte und Gesang verwoben und beschreiben in kurzen
Gesten den Streit des Atonalen gegenüber der unabänderlichen Kraft der
Melodie. Im letzten Teil ist die Melodie zwingend im Ostinato vorhanden,
während sich das Perpetuum in der Flöte in einem schnellen Prozess
auflöst.
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